Nach 36 Stunden begann mein Leben wieder von neuem. Da stand ich nun auf dem Flughafen von Jakarta auf Java, Indonesien. Alles, wirklich alles ist fremd. Die Umgebung, das Klima, die Menschen, die Sprache, die Währung und Regeln. Natürlich funktionieren, gerade am Flughafen viele Dinge überall gleich. Anstehen am Immigrationsschalter, Gepäck abholen und in die warme, mit Feuchtigkeit durchzogene Luft hinaus.
Schon der Weg zu dem Zug der mich in die Stadt bringen sollte war eine Herausforderung. Der Flughafen von Jakarta ist groß und somit gibt es auch einen Zug in einen anderen Terminal. Der Zug in die Stadt ist genau ein Mal ausgeschildert. Nicht ausreichend für Ortsunkundige. Also fragte ich mich durch. Indonesier sind sehr freundlich, hilfsbereit und höflich. Wenn sie also etwas nicht wissen, sagen sie entweder irgendetwas oder gar nichts. Am Ende wurde ich zur Station geleitet und ein Zug fuhr mich zu einer anderen Station wo ich noch eine Stunde auf DEN Zug in die Stadt warten musste. Bei 36 Stunden Reisezeit, machte das auch nichts mehr. Nach einer weiteren Stunde Fahrt und 1,90 EUR ärmer (Fahrkarte) stand ich nun da, im Chaos von Jakarta. Laut, dreckig, stickig und unübersichtlich. Aber ich kam gerade aus Arusha und war somit routiniert und mein Hotel war schnell gefunden.
Jetzt ein kühles Bier
Tja ich hatte Indonesien mit Thailand oder Malaysia verwechselt. Mal eben ein Bier trinken gehen, Fehlanzeige. Keine der kleinen Läden wie Indomaret oder Alfamart hatten auch nur eine Dose oder Flasche. 75% der indonesischen Bevölkerung ist Moslem und damit ist klar, warum die Suche so schwer ist. Nach gut 45 Minuten fand ich einen kleinen Laden im Hinterhof, in dem ein Mann hinter Gitter mir zwei Dosen für umgerechnet 3 EUR verkaufte. Ein stolzer Preis wo ich doch gerade mein Abendessen für 0,60 EUR im Bauch hatte.
Alttäglicher Ablauf
Ich nutzte die Zeit in Jakarta effizient. Am nächsten Tag stand das Besorgen einer Sim-Karte und eines Zugtickets nach Blitar auf dem Programm. Auch das ist eigentlich immer gleich wenn ich in einem neuen Land ankomme. Finde einen Shop wo du eine einheimische Mobilnummer bekommst und organisiere den weiteren Transport.
Dafür nahm ich natürlich die öffentlichen Verkehrsmittel. Interessant war, dass ich auf der Bahnstation angesprochen wurde, dass ich doch meine Maske tragen sollte. Hä gestern bin ich auf einem Sonntag angekommen, da war keine Maskenpflicht und heute ist sie dann wieder Pflicht? Sie gaben mir direkt eine Maske aber mein verständnisloses Gesicht konnten sie trotzdem sehen.
Es hat mich einen halben Tag gekostet meine Aufgaben zu erledigen. Den Rest des Tages bin ich spazieren gegangen, was in Jakarta nicht ganz so entspannt ist. Dafür habe ich Abends das Streetfood einfach nur gefeiert. Ich war in Asien und morgen gehts zur Kaffeeplantage.
Willkommen im Garten Eden
Nach 13 Stunden durchaus komfortabler Zugfahrt kam ich morgens um 4 Uhr in Blitar an und was soll ich sagen, ich wurde von dem Manager der Plantage persönlich abgeholt. Da war ich dann doch schon beeindruckt aber am Ende einfach nur müde. Thomas führte mich in mein Zimmer für die erste Nacht und ich schlief direkt ein.
Am nächsten Tag hatte ich noch frei. Ich kam einen Tag früher. So habe ich mich mit allem vertraut gemacht und mich umgeschaut. Was für ein einmaliger Ort der für die nächsten vier Wochen mein Zuhause als Volontär sein sollte. Hier ist die Luft nicht stickig sondern angenehm frisch, immer mit einer leichten Brise. Umgeben vom Grün, wirst du in eine andere Zeit versetzt. Die Zeit der Kolonialherrschaft der Niederländer. Die Gebäude, ein Museum und der Name „De Karanganjar Koffieplantage“ zeugen noch davon. Und genau das macht diesen Ort so besonders mit seinem ganz eigenen Flair.
Arbeit ja aber viel mehr Erlebnis
Alfi begrüßte mich sehr herzlich als sie gerade mit den beiden anderen Volontären Laura und Moritz aus der Stadt kam. Die beiden sind Deutsche. Eigentlich ja nicht mein Fall aber wir haben uns direkt gut verstanden und hatten eine mega tolle Zeit zusammen.
Ich bekam einen Arbeitsplan. Mal musste ich in der Fabrik arbeiten, mal den Kaffee ernten und mal sauber machen. Es war keine harte Arbeit, viel mehr stand das Erlebnis im Vordergrund und das war so reichhaltig und hörte gar nicht mehr auf. Ich lernte natürlich alles über Kaffee, von der Ernte bis zum Getränk. Alles wird hier handverlesen verarbeitet. Mister Suki zeigte mir alles. Ein kleiner, schätzungsweise Mitte Sechzig jähriger Mann, der seinen eigenen TikTok Kanal hat und mittels Google Translate alles rund um den Kaffee erklärt. Allerdings spielst du auch mindestens ein Mal die Hauptrolle in einem seiner TikTok Videos.
Und direkt ein paar Tage später durfte ich Teil der Kaffeehochzeit sein. Eine traditionelle Zeremonie der Plantage für eine gute Ernte. Ein Spektakel, das den ganzen Tag geht und wir Volontäre waren eine der Hauptattraktionen und das nicht nur an diesem Tag. Touristen oder westliche Menschen sind hier eine Seltenheit und so ist es nur verständlich, dass die Menschen mit uns sprechen wollen und vor allem Fotos machen. Das Ganze ging soweit, dass wir auf einem Festival in Blitar von der Bürgermeisterin auf die Bühne eines Theaterstücks geholt wurden und natürlich namentlich für das Publikum erwähnt. Inzwischen sind wir sogar die neuen Testimonials des nächsten Festivals auf der Plantage. Ich bin jetzt also eine kleine Berühmheit.
Die Tage und Wochen vergingen und ich wurde immer mehr zu einem Teil der Plantagenfamilie. Hinzu kam, dass der Besitzer und CEO der Plantage, Wima, nicht nur mein Alter ist sondern wir teilen auch eine gemeinsame Leidenschaft; das erstellen von Videos. Er braucht viel Videomaterial für den Social Media Auftritt der Plantage, allerdings hat er sich auch zur Aufgabe gemacht, Blitar den Menschen näher zu bringen und über die Sehenswürdigkeiten zu berichten. Und mich nahm er mit. Ich agierte als Kamerafrau und manchmal auch als der Ausländer vor der Kamera. Es war immer ein Megaspaß und ich sah so viel von Blitar und seiner Kultur. Stundenlange Gespräche über diese Kultur, die Religionen, Politik, das Leben und viele Gedanken dazwischen ließen eine Freundschaft zwischen Wima und mir entstehen, in der wir einfach sein können.
Nach vier Wochen entschied ich noch ein paar Tage länger zu bleiben. Ich konnte noch nicht gehen denn ich fürchtete, wie immer, den Abschied. Dieser Ort wurde zu einem Teil von mir, und ich wurde ein Teil von ihm. Aus Fremde wurden Kollegen, Bekannte, ja sogar Freunde, Doch dann eines Tages merkte ich, dass Zeit wurde zu gehen. Ich musste weiter, reisen, die Insel und ihre Schönheit entdecken. Doch jede Veränderung bedeutet auch ein Abschied. Wie erwartet, war dieser schmerzhaft. „Du bist jederzeit willkommen, denn du bist mehr als eine Volontärin, du bist meine Freundin“ mit diesen Worten von Wima im Ohr, fuhren mich Alfi und Mister Peanut zum Bus. Der Abschied von Alfi sollte auch nicht einfach sein. Doch er war dann doch kurz und schmerzlos, weil der Bus nach Malang direkt fuhr und ich lies eine wunderschöne, so bereichernde Zeit hinter mir. Indonesien kam mir etwas näher, jetzt ist es an der Zeit, dass ich einen Schritt auf Indonesien zugehe.
Und mehr aus meiner Zeit auf der De Karanganjar Kaffeeplantage könnt ihr hier sehen. Da es so eine erlebnisreiche Zeit war, habe ich Kapitel erstellt um euch eine Ahnung von dem zu geben, was ich hier erlebt habe.