Unterwegs auf Java – Teil 2

von

Susann

Ijen

Diesmal habe ich eine Tour gebucht. Bekanntlich nicht mein Fall aber für umgerechnet 42 Euro bekam ich den Transport, eine Übernachtung und einen Guide hinauf zum Ijen. Natürlich nicht exklusiv sondern mit einigen anderen Touristen aber für den Preis nahm ich das in Kauf.

12 Stunden Busfahrt später, hatte ich genau drei Stunden Schlaf bevor ich um 2:30 morgens wieder in den Bus stieg, der uns zum Ausgangspunkt des Aufstiegs zum Ijen Krater bringen sollte. Suki stellte sich als unseren Guide vor und vor uns lag ein ca. 2 Stunden Aufstieg in der Dunkelheit. Der Plan ist pünktlich zum Sonnenaufgang am Kraterrand des Ijen zu stehen. Um diese Zeit zu wandern ist nicht ganz so gemütlich aber der Plan ging auf und während die Sonne über den Wolken aufstieg, stand ich am Kraterrand des Ijen und blickte auf den blau-türkis farbenen Kratersee „Kawah Ijen“. Seine Farbe verdankt er der hohen Konzentration an Säure. Bei dem „größten Säurefass der Erde“ handelt es sich um den größten übersäuerten See der Welt und sein Anblick mit dem Ijen-Massiv im Hintergrund ist einfach unbeschreiblich. Wie schön ist bitte die Welt?

Mein eigentlicher Grund weshalb ich zum Ijen wollte war der, dass ich die blauen Flammen sehen wollte. Googelt man „Ijen“ so sieht man diese auf fast jedem Bild und ich war fasziniert davon. Leider sieht die Realität inzwischen etwas anders aus und man hat die Flammen in Keramikrohre verbannt und es sind nur noch die ständig aufsteigenden Schwefelwolken zu sehen. Um näher an sie heran zu kommen, ist ein steiler Abstieg durch Fels und Geröll nötig. Am Ufer des Kratersees steigt einem sofort der beißende Geruch von Schwefel in die Nase. Um sich von den Reizen der Gase zu schützen, wurde uns zu Beginn des Aufstiegs eine Atemmaske gereicht. So war ich geschützt, die dort arbeitenden Schwefelarbeiter tragen allerdings keine Maske. Sie sind schlichtweg zu teuer für sie. 

Die erwähnten Keramikrohre leiten das oxidierende, mit Wasserdampf vermischte Gas von der Stelle an dem es austritt weg. So kühlt es sich ab und gelbe Schwefel-Brocken entstehen. Der Schwefel wird zum bleichen von Zucker, sowie zur Herstellung von Autobatterien benötigt. Das bedeutet, dass die Arbeiter 3 Mal täglich 90 kg schwere, mit Schwefel-Brocken beladene Körbe hinauf über eine Strecke von 2 km an den Kraterrand transportieren. Eine unglaublich anstrengende Arbeit, die zu bewerkstelligen für uns schier unmöglich ist. 

Tipp: Sicherlich kann man diese Tour auch auf eigene Faust machen. Verschiedene Reiseführer erklären dir wie du es am besten machst. Ein guter Ausgangspunkt ist die Stadt Banyuwangi. Von hier kannst du nicht nur zum Ijen weiterfahren, sondern auch die Fähre nach Bali nehmen.

Alas Purwo

Müde und kaputt kamen wir gegen 12 Uhr mittags wieder im Hotel an. Meine Reise sollte auch direkt weitergehen. Ein Grab-Taxi brachte mich ins 1,5 Stunden entfernte Tegaldlimo. Ein weitläufiges, grünes Dorf am Eingang des Alas Purwo National Parks. Dieses Waldgebiet steht nicht in jedem Reiseführer, wenn überhaupt. Mir wurde dieser Ort von Aris, dem Inhaber des Homstays am Tumpak Sewu, empfohlen. Zu diesem Wald erzählen sich die Einheimische einige Legenden. Sein Name bedeutet „Erster Wald“ oder „Alter Wald“. Die Legende sagt, dass hier die Erde zum ersten Mal aus dem Meer auftauchte (Wikipedia).  Außerdem sollen hier Geister und Feen wohnen. Viele Einheimische finden ihn eher unheimlich und waren überrascht, dass ich zu diesem Ort wollte.

In meinem Homestay „Usama d’Alas Purwo“ traf ich auf Ruby. Sie begrüßte mich und bot sich an mit mir den Alas Purwo zu erkunden. Zusammen auf einem Roller, fuhren wir am nächsten Tag in den dichten Wald, durch den nur eine Straße nahe der Küste im Sünden führte. Ruby zeigte mir einige Strände und einen Platz an dem Bisons lebten. Wir gingen sogar eine Stunde auf einem Trampelpfad durch das Dickicht in der Hoffnung eine Höhle zu sehen, die allerdings eher enttäuschend war. Aber der Weg war das Ziel. Dichter Dschungel, plätschernde Bäche und eine Vielfalt an Pflanzen. Natur pur.

Auf der Landzunge „G-Land“ gibt es sogar einige Unterkünfte denn der Strand ist unter Surfern recht bekannt. 

Am nächsten Tag brachte mich Ruby zum „De Djawatan Forest“. Es war ein weiterer Tipp von Aris. Dieser Ort ist bekannt für seine riesigen Tamarindenbäume, die ihm eine verwunschene, nahezu märchenhafte Atmosphäre verleiht. Wahrscheinlich nicht umsonst wird er auch „Herr-Der-Ringe-Wald“ (Quelle: Wisata Diary) genannt. 

Man kann mit Pferdekutschen eine Runde durch diesen Wald fahren, allerdings ist ein Spaziergang die eindeutig schönere Alternative. Das Wunder der Natur genießen und dabei die verschiedenen Besucher bei ihren Aktivitäten beobachten. Freunde sitzen beim Picknick zusammen, Schulgruppen machen einen Ausflug, Freunde von Instagram und Co. posieren für das beste Foto.

Zum Schluss stießen wir auf eine Enten-Ausstellung und erfuhren wie wertvoll eine Ente sein kann. Der Gewinner der schönsten Ente bekam ein Entenküken als Preis. Eine Ente kann einen Wert von bis zu 400 Euro haben. Ein, von mir noch nicht gekanntes Hobby.

Nach dem Wald ging es nochmal zum Strand. Diesmal zum „Pantai Grajagan“. Eine Bucht in dem viele traditionelle Fischerboote liegen. Ein bisschen den Blick über das Meer schweifen lassen und wieder mal für Fotos bereit stehen. Touristen werden hier nicht oft gesehen und so war die Überraschung der Einheimischen mich zu sehen recht groß. Diese Begegnung musste natürlich in Fotos festgehalten werden.

Ein weiterer ereignisreicher Tag geht zu Ende und morgen geht es schon wieder weiter. Zurück in die Bromo-Region.

Bei Rudy Zuhause

Während meiner Zeit im Alas Purwo hatte ich immer wieder Kontakt zu Rudy, dem Bruder von Sussi am Bromo. Wir verabredeten, dass er mich ein paar Tage später in Probolinggo abholen wird und wir zu ihm und seiner Familie nach Hause fahren. Zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern bewohnt er ein Haus mit zwei Kinderzimmern, einem Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer und separaten Badezimmer. Um ihn herum wohnen fast alle Geschwister von ihm mit ihren Familien. Er ist der jüngste und einzige Bruder von vier Schwestern.

Die Familie hat extra für mich eines der Kinderzimmer frei gemacht und nach dem Essen nahm mich Rudy direkt mit zu seinen Freunden um sie mir vorzustellen. Er ist in dem kleinen Ort bekannt und stolz mich allen zu zeigen.

Am nächsten Tag ging es schon früh los. Rudy will mir den „Air Terjun Madakaripura“ zeigen. Einem Wasserfall unter dem man hindurch gehen kann. Bewaffnet mit einem Regenmantel machten wir uns auf den Weg. Der Wasserfall ist eine Touristenattraktion und da der erste Teil des Weges mit einem Roller zu bewältigen ist, warteten viele Fahrer am Eingang. Andere Fahrer waren nicht gern gesehen und so setze mich Rudy kurz davor ab und wartete einige Meter hinter dem Eingang auf mich. Ich ging also hindurch, sagte den Angeboten der vielen Fahrer höflich ab um dann wieder auf den Roller von Rudy zu steigen. 

Der Madakaripura sollte mich nicht enttäuschen. Es war nicht nur erfrischend sondern echt beeindruckend wie das Wasser aus gut 200 Metern Höhe über grün bewachsene Wände und einer zylinderförmigen Schlucht herunterstürzte. So etwas hatte ich noch nicht gesehen.

Dann war es Zeit für ein Mittagessen. Rudy fuhr mit mir zurück in sein Dorf. Zu dem Ort „Tirto Ageng“. Er liegt an der Straße aber mitten in der Natur. Hier können die Menschen schwimmen, picknicken oder in den Warungs etwas essen. Sie waschen hier ihre Autos oder feiern Feste. Rudy hatte diesen Ort mit aufgebaut. Und jetzt war es Zeit Rujak zu essen, einem Reisgericht mit Erdnusssauce und einen Kaffee Tubruk zu trinken. Dieser Kaffee war mir schon von der Plantage bekannt, allerdings nicht die Art wie die Menschen ihn hier trinken. Es handelt sich um ganz normalen Kaffee mit einem Schuss Arak. Arak ist ein illegal gebrannter Schnaps, der aussieht wie Wasser, jedoch recht hochprozentig ist. Illegal weil Java eine muslimisch geprägte Insel ist. 75% der Einwohner sind Muslime und folglich ist Alkohol hier nicht so einfach zu kriegen (siehe mein Bericht „Leben und Arbeiten auf einer Kaffeeplantage“).

Danach spazierten wir durch die nahe gelegenen Reisfelder. Rudy kannte natürlich die Arbeiter. Er hat einmal selbst auf dem Reisfeld gearbeitet. Und so waren wir ganz nah dabei wie die Ernte eingeholt wurde und noch per Hand der Reis aus seinen Rispen geschlagen wurde.

Zurück zum Bromo
Am nächsten Tag musste Rudy bei seinem Arbeitgeber vorbei schauen. Das bedeutete, dass wir nach Cemoro Lawang fuhren. Zurück zum Bromo. Es war schön nochmal an diesen Ort zu fahren. Diesmal aus einer etwas anderen Perspektive, die der Locals. Rudy stellte mich seinen Arbeitskollegen vor und nach einem Kaffee gingen wir zu Sussi ins Warung und aßen zum Mittag. Es war schön sie wiederzusehen und wenn ich wiederkomme, dann soll ich unbedingt in ihrem Haus wohnen.

Nach dem Essen zeigte mir Rudy noch einen ganz besonderen Platz der eine wunderschöne Aussicht auf das Tal versprach, weit weg von allen Touristen und den Jeeps. Hier erzählte mir Rudy, dass seine Schwester Sussi hier ein Haus hat und dieses zu einem Homestay umbauen will. Außerdem will er wieder als Guide arbeiten und eine ganz besondere Tour anbieten mit allem was er mir gezeigt hat und natürlich mit einer Tour zum Bromo. Eine gute Idee, welche ich gern unterstütze. Wer also Interesse hat, meldet sich einfach bei mir.

Am Abend ging es dann nochmal los. Diesmal in das Restaurant mit der besten „Mi Ayam“, einer Nudelsuppe mit Hühnchen. Und Rudy hatte nicht gelogen. Die Suppe war wirklich köstlich, die Nudeln waren hausgemacht und wird von der ganzen Familie betrieben, wie so oft. Natürlich war auch hier die Überraschung groß, dass ein „Bule“ (indonesisch „Tourist“) das Restaurant betritt. Später am Abend fuhren wir noch bei einem seiner guten Freunde vorbei. Dieser betreibt ein Geschäft für Handyzubehör und Reparatur. Ein lustiger, aufgeschlossener Kerl. Wir lachten viel und ließen den Abend erst spät ausklingen.

Zwei Tage war ich mit Rudy unterwegs. Eine Zeit voller Eindrücke in das Leben der Menschen die am Fuße des Bromo leben. Sie haben mich in ihr Herz geschlossen und ich müsste unbedingt zurück kommen, woraufhin ich nicht widersprach. Rudy und ich haben heute noch ständigen Kontakt. Wir sind Freunde geworden und werden hoffentlich in naher Zukunft auch zusammen arbeiten können.

Zurück zu Freunden

Bevor ich das Land verlassen muss, wollte ich noch einmal an einen gewohnten Ort. Nach zwei Wochen voller Eindrücke, neuen Erfahrungen und den vielen Begegnungen mit so tollen Menschen, brauchte ich nun einige Tage Zeit in einem Umfeld, das ich kenne und ich kehrte zurück nach Blitar auf die Kaffeeplantage.

Die Freude war auf beiden Seiten riesig. Es war als kam ich nach Hause zurück. Ich bekam sogar „mein altes“ Zimmer und es war eine Wohltat wieder hier zu sein. Ich war keine Volontärin mehr, ich war eine Freundin. Doch ich half natürlich trotzdem und gleich am nächsten Morgen mussten 700 kg Jackfruit geschält werden. 

Ich nutzte die Zeit und das gute WLAN um für meinen Blog zu arbeiten. Doch es ergab sich natürlich immer wieder ein Gespräch. Sei es mit Alfi, den Mitarbeitern im Café, Thomas, Lydia oder natürlich mit Wima. Ich glaube in dieser Zeit festigte sich unsere Freundschaft noch ein bisschen mehr, denn inzwischen sind wir uns gegenseitig wirklich gute Ratgeber, Kritiker oder einfach nur der Freund bei dem man etwas abladen kann.

Nach fünf Tagen verließ ich die Plantage wieder. Ich musste sehr früh morgens den Bus nach Surabaya nehmen um in den Flieger zu steigen, der mich nach Hongkong bringen sollte.

Thomas und Alfi persönlich brachten mich zum Bus. Lydia und sogar Wima standen extra sehr früh auf um mich noch zu verabschieden. Wima nannte es das achte Weltwunder, dass er so früh für jemanden aufsteht, was ich natürlich sehr geschätzt habe. Ein letztes Foto und eine letzte Umarmung. „Du hast hier immer ein zweites Zuhause“ sagte Wima noch zu mir, bevor ich in das Auto stieg und erstmal „Auf Wiedersehen“ auf unbestimmte Zeit sagen musste.

Kurzer Abschied von Indonesien
Und hier endet vorerst meine Reise durch Indonesien. Ich verließ Java um auf Sulawesi zurück zu kommen. Indonesien ist ein so umfangreiches, spannendes Land mit seinen unendlich vielen Möglichkeiten es zu erkunden. Ich habe bis jetzt „nur“ Ost-Java gesehen. Doch schon dieser kleine Teil des inselreichsten Landes der Welt, hat mir schon so viel gegeben. Wer weiß was Indonesien noch für mich bereit hält.

Seht jetzt den zweiten Teil meines Films “Unterwegs auf Java”

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