Die Saison ist vorbei

von

sitemin

Und wieder geht eine Zeit zu Ende. Meine Zeit auf der Novel. 7 Monate voller Höhen und Tiefen. Voller neuer Erfahrungen, bereichernden Aufeinandertreffen, tiefgründiger Gespräche unterstrichen von unterschiedlichsten Gefühlen. 

134 Tage waren wir unterwegs. Das bedeutet rund 30 Touren. Wir haben gut 1.000 Menschen getroffen, kennengelernt und mit ihnen gesegelt. Ich habe das Schiff mindestens 30 Mal von außen und vor allem von innen sauber gemacht. Umgerechnet habe ich 900 Betten bezogen. 

Das alles sind Zahlen, die allerdings nicht annähernd das wiedergeben was diese Zeit für mich war. Ich habe so viel gelernt, erlebt und erfahren. Natürlich über das Segeln aber auch über Menschen und über mich selbst. Meine Grenzen wurden in alle Richtungen erreicht. Ob es der Selbstwert ist, die Privatsphäre, das Miteinander oder die unterschiedlichsten menschlichen Beziehungen. Aber vor allem ist mir eins gelungen: Ich habe immer wieder zu mir selbst gefunden und bin mir treu geblieben. Diese Zeit war eine echte Herausforderung und ich habe es geschafft und das habe ich nicht nur mir zu verdanken:

Danke an die Gäste
Wir hatten die unterschiedlichsten Gruppen an Bord. Schulklassen, Kirchengemeinden, Sportvereine sowie Familien- und Freundschaftsgruppen. Die meisten kamen aus Deutschland und sie alle brachten ihre eigenen Charaktere und Geschichten mit. Manche wollten unbedingt segeln und andere überhaupt nicht. Es gab Tage, da war meine Rolle als Motivatorin eine echte Herausforderung. Und es gab Tage, an dem alle Segel gesetzt waren und ich voller Zufriedenheit auf das von der Sonne glitzernde Meer schaute. Viele Gesichter sind mir in Erinnerung geblieben, zu einigen hält der Kontakt über die Tour hinaus.

Ein Nebeneffekt war, dass ich die Deutschen aus der Perspektive von Außen gesehen habe. Mir fiel auf, dass Deutschen die Sicherheit sehr wichtig ist. Sie sind sehr genau aber haben die unterschiedlichsten Meinungen über das Leben und die Dinge dieser Welt. Es war sehr interessant ihnen zuzuhören. 

Und da waren auch die Schüler zwischen 14 und 16 Jahren. Die Jugend von heute verstehe ich zwar immer noch nicht allerdings habe ich einen Eindruck davon bekommen wie sie heute tickt. Es war amüsant und gleichzeitig nervenaufreibend.

Danke an euch alle für diese Zeit. Dafür, dass ihr meine Ansagen, meine direkte, ja schon fast befehlende Art angenommen habt. Dass ihr mich ernst genommen habt und wir beim abendlichen Beisammensein gemeinsam gelacht haben. Viele von euch haben mir einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen und ich hoffe auch ich konnte euch ein bisschen was mitgeben.

Danke an meine Kollegen
Am 20. April bin ich auf dem Gependam in Enkuizen angekommen und ich kannte niemanden. Da liegen bestimmt 20 Schiffe und alle waren komplett neu für mich. Und dann klopfte es abends an meiner Kabinentür und ein paar Matrosen, die sich auf dem Nachbarschiff versammelt haben luden mich zu einem Bier ein. Es entstand eine Gemeinschaft wie ich sie noch nicht kannte. An den Wechseltagen Freitag und Sonntag wurde das „Hallo“ im Hafen immer größer. Es war schön uns nach den Touren wieder zu sehen. Und schon nach ein paar Wochen war es eine Wohltat vertraute Gesichter zu sehen. Sich mit ihnen über die Tour zu unterhalten und gemeinsam „im kleinen Cafe“ zu lachen. Es war wie nach Hause zu kommen.

Mein ganz besonderer Dank geht an die „Aperol Spitzies“. Der Name hat natürlich eine Geschichte. Diese kleine Gruppe von vier Kollegen um mich herum ist mir besonders ans Herz gewachsen. Gerade im Sommer war es schwer, alle in Enkhuizen vereint zu haben. Jedes Schiff hat unterschiedlich lange Touren. Doch wenn wir uns sahen oder auch nur einen Teil von uns im anderen Hafen trafen, war das „Hallo“ besonders innig und absolut klar, dass wir den Abend gemeinsam verbringen. 

Danke an euch liebe Spritzies. Der Abschied fällt mir wirklich schwer, vor allem weil ich nicht weiß ob und wann wir uns wiedersehen. Vor euch liegt so viel und vor mir auch nicht weniger aber eines Tages stehe ich wieder hier auf dem Gependam, nehme eure Leinen an, schließe euch in meine Arme und gemeinsam werden wir wieder spritzen.

Danke an Arnold und Margreth
Das Wort „Danke“ kann dem eigentlich gar nicht gerecht werden was ich dabei empfinde wenn ich an die Zeit mit euch und vor allem mit dir Arnold denke. Eine so intensive Zeit. Nahezu jeden Tag haben wir auf der Novel zusammen verbracht. Du hast mir alles beigebracht was ich für die Arbeit auf dem Schiff wissen muss. Der Anspruch war hoch aber heute weiß ich, dass deine Ausbildung zu einer der besten gehört und da bin ich schon ein bisschen stolz darauf. Doch ihr habt mir noch so viel mehr gegeben. Ihr habt dafür gesorgt, dass es mir an nichts fehlt. Ihr habt mir das Gefühl gegeben, dass ich immer willkommen bin, dass ich nicht alleine bin und dass ich mich gerade in schwierigen Situationen immer auf euch verlassen kann. Ihr habt mich mit in das niederländische Leben genommen. Und das vom ersten Tag an als ihr mich direkt zu euch nach Hause zum Essen eingeladen habt. Mit euch habe ich einfach zwei wunderbare Menschen getroffen und ich wünsche euch für die Zukunft alles erdenklich Gute. Ihr habt es verdient.

Und wer vielleicht beim Lesen meiner Berichte über die Zeit als Matrose selbst Lust dazu bekommen hat diesen Job zu machen, dann kann ich euch die Novel nur empfehlen denn für die nächste Saison ist noch ein paar Wochen Bedarf. Meldet euch gern bei mir und ich gebe es dann weiter. Es ist eine einzigartige Erfahrung!

Eine ganz eigene Welt
Diese Welt um die Plattbodenschiffe am IJsselmeer ist eine ganz eigene. Für die einen ist es die große, weite und oft neue Welt, für mich ist sie eher eine kleine. Eine Gemeinschaft unter ganz besonderen Seglern. Der Gependam ist ein Dorf. Hier sind die Augen und Ohren überall. Hier hilft man sich aber auch gegenseitig und am Ende vereint alle eine Leidenschaft: das Segeln.

Und dann war es auch schon soweit. Der letzte Segeltag, das letzte Mal durch die Schleuse gehen, der letzte Abend in Enkhuizen. Und als ich ein letztes Mal mit der Novel den Hafen von Enkuizen verlassen habe, wurde der Klos im Hals immer dicker. Abschiede gehören zu meinem aktuellen Lebensstil dazu. Das sind die nicht so schönen Momente. Dafür bin ich reicher um die Erinnerungen und erfüllter von dem Glück so tolle Menschen treffen zu dürfen, von denen ich einige wirklich in mein Herz geschlossen habe. Aber irgendwann kommt immer der Tag an dem ich mich von ihnen allen wieder verabschieden muss und nicht weiß ob oder wann ich sie wiedersehe. Wann ich diese eigene Welt wieder betreten werde.

Margreth gab mir einen Tipp. Ich solle einfach „Bis bald“ sagen, dann klingt es nicht wie ein Abschied. Also bis bald — tot ziens Niederlande!!!!

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3 Gedanken zu „Die Saison ist vorbei“

  1. Deine Fotos und der Film sind einfach toll und sehr beeindruckend genauso wie die Fotos von deinen vorherigen Zielen auch. Du hast ein Auge dafür, wunderbare Landschaften festzuhalten.
    Alle guten Wünsche für Deine nächsten Ziele und pass auf Dich auf!
    Liebe Grüße von Bettina

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  2. Für mich dein bester Blog bisher. Für dich sicherlich die erfahrungsreichste Zeit deiner bisherigen Reise. Und dieses Video! Wenn ich auch nur ganz kurze Zeit an deinem Aufenthalt in Holland teilhaben konnte, so kann ich doch die Stimmung die das Video erzeugt ein Wenig nachvollziehen. Sehr anrührend für mich.
    Weiter so und bis bald. Dann ist auch wieder mehr Lametta

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  3. Habe es erst jetzt mal wieder geschafft, deine Blogs zu lesen. Tolle Berichte! Machen Lust auf mehr. Die Bilder und insbesondere das Lichtspiel mit der Sonne sind genial! Pass auf dich auf!

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